1. Umbau unseres Sozialstaates
Die Nachfrage nach persönlichen Dienstleistungen wird in Folge der bekannten demographischen Entwicklung in unserem Lande wachsen. Die bisher vorherrschende Finanzierung von Dienstleistungen auf dem Gebiet der Jugend- und Familienhilfe, der Aus- und Fortbildung, der Beschäftigungsförderung, der Behindertenhilfe und im Gesundheitswesen sowie der Betreuung und Pflege von hilfsbedürftigen älteren Menschen wird bisher ganz überwiegend von der Sozialgemeinschaft bezahlt. Dies bringt es mit sich, dass die jeweils zu beachtenden Rahmenbedingungen für die Anbieter dieser Dienstleistungen wenig wettbewerblich orientiert sind.
Mit dem gesamtwirtschaftlich gebotenen Umbau unseres Sozialstaates, der Fortsetzung deregulierender Maßnahmen, der Öffnung für mehr Wettbewerb (mal zaghaft zugelassen, mal massiv verordnet) sehen sich die bisherigen Leistungserbringer auf den vorbezeichneten Aufgabengebieten mit unternehmerischen Herausforderungen konfrontiert, die von den einen als existenzbedrohend und von den anderen als Wachstumschancen wahrgenommen werden.
2. Wettbewerbsfähigkeit vorhandener Trägerstrukturen
a) Derzeitige Anbietersituation und deren Veränderung
Dienstleister auf den vorbezeichneten Beschäftigungsfeldern sind im wesentlichen
- Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts
- Verbände und deren Untergliederungen
- kirchliche Institutionen
- Vereine
- Stiftungen
- gemeinnützige Gesellschaften mit beschränkter Haftung als gemeinnützig orientierte Dienstleister und
- private Unternehmer sowie
- Kapitalgesellschaften
als gewinnorientierte Unternehmen.
Die öffentliche Hand zieht sich kontinuierlich aus den Geschäftsfeldern sozialer Dienstleistungen zurück. Die dortigen Führungs- und Personalstrukturen erschweren ein auskömmliches Wirtschaften. Der Ausgleich von Verlusten aus dem Steueraufkommen ist nicht nur wegen der bekannten „leeren Kassen“ sondern auch rechtlich problematisch. Die daraus resultierende Abgabe sozialer Einrichtungen erfolgt bei kleineren Einheiten (z.B. Kindertagesstätten) in der Regel im Rahmen freihändiger Vergabe und bei größeren Betrieben (z.B. Kliniken) nach Maßgabe einer Ausschreibung. Dabei ist in den zurückliegenden Jahren zunehmend zu beobachten, dass privatwirtschaftlich orientierte Unternehmen bei der Erteilung des Zuschlages eher zum Zuge kommen als gemeinnützige Dienstleister. Dies sollte zu denken geben!
b) Systembedingt schwache Führungsstrukturen
Eine augenfällige Führungsschwäche ist stets dort zu verzeichnen, wo Kompetenz und Verantwortung auf verschiedene Schultern verteilt sind, wobei es noch schwerer wiegt, wenn eine der vorbezeichneten Kernelemente einer Geschäftsführung in der Hand eines Gremiums liegt oder nur reduziert wahrgenommen wird. Diesbezüglich ist die öffentliche Hand mit ihren politisch orientierten Gremien das bekannteste Beispiel.
Nicht ganz so ausgeprägte, aber vergleichbare Systemschwächen sind bei den kirchlichen oder verbandsmäßig eingebundenen sozialen Dienstleistern anzutreffen. Hier liegt die satzungsgemäße Verantwortung für das Gesamtgeschehen noch überwiegend bei einem ehrenamtlich besetzten Vorstand. Der satzungsgemäß oft noch als „Gehilfe“ des Vorstandes bezeichnete Geschäftsführer hat in der Regel keine Organstellung. Die tatsächliche Verant-wortung wird oft entgegen der Satzung – aber nicht zum Schaden der Institution – von dem als Vorstandsgehilfen tätigen Geschäftsführer wahrgenommen. Im positiven Zusammenwirken eines starken Vorstandsvorsitzenden mit einem ebenfalls starken Geschäftsführer ergibt sich eine besonders glückliche Konstellation. Beim Zusammentreffen von „schwach und schwach“ ist in der Regel eine Stagnation oder Rückläufigkeit der sozialunternehmerischen Geschäftsfelder zu beobachten. Bei einer starken Geschäftsführung ohne entsprechende starke Begleitung auf der Vorstandsseite droht eine „Vetternwirtschaft“.
Im Interesse einer dauerhaften Stärkung der Geschäftsführung haben zwischenzeitlich viele soziale Dienstleister ihre Satzungen dahingehend geändert, dass die bisherige Geschäftsführung zu einem hauptamtlich tätigen Vorstand umgestaltet worden ist, während der bisherige ehrenamtliche Vorstand die Aufgaben eines Aufsichtsgremiums übernommen hat. Soweit verbandsmäßige Vorgaben eine entsprechende Änderung der Satzung nicht zulassen, besteht die Möglichkeit, ähnliche Wirkungen über die Ausgründung operativer Betriebseinheiten in die Rechtsform einer gemeinnützige GmbH zu erzielen.
3. Regionalprinzip
Kirchlich oder verbandsmäßig orientierte soziale Dienstleister sind in der Regel nicht berechtigt, ihre Dienstleistungen überregional zu entwickeln und anzubieten. Sie dürfen sich grundsätzlich nur in dem ihnen zugewiesenen Territorium sozialwirtschaftlich betätigen. Innerverbandlicher Wettbewerb soll nicht stattfinden. Dies fördert die „Kirchturmpolitik“ und verhindert überregionales Wachstum. Ein Ausweg aus dieser „Kleinteiligkeit“ wird sowohl durch Schaffung faktischer Verhältnisse unter Inkaufnahme von Satzungsverstößen als auch in Kooperationen gesucht. Ohne Not ist ein regional tätiger Dienstleister in der Regel nicht bereit, einen seiner operativen Betriebe in eine Kooperation einzubringen, weil das damit verbundene Geschäftsführungspotential für die ideellen Vereinsaufgaben benötigt.
4. Kopflastigkeit von Personalkosten
Ein ganz erhebliches Wettbewerbshemmnis gegenüber privatwirtschaftlich orientierten Unternehmern ergibt sich bei einer Bindung an kirchliche oder öffentliche Tarife und zusätzlich aus damit in der Regel einhergehenden Altersversorgungszusagen. Die damit verbundenen Mehrkosten können bei einer umlagefinanzierten Altersversorgung (so bei der Versorgungskasse des Bundes und der Länder – VBL) durchaus 10 % bis 20 % betragen.
5. Entwicklung von Überlebensstrategien im zukünftigen Wettbewerb
Um im zukünftigen zunehmendem Wettbewerb mit privatwirtschaftlich orientierten Konkurrenten Schritt halten zu können, bedarf es einer strategischen Orientierung. Risikobehaftete Betriebe, zu denen derzeit vor allem Krankenhäuser und Altenheime zu rechnen sind, sollten in eigenständige gemeinnützige Gesellschaften mit beschränkter Haftung (gGmbH) ausgegründet werden. Dabei sollte der Träger als Gesellschafter wesentliches Vermögen zurückbehalten. Eine weitere Vorsorge ist auch dergestalt möglich, dass ein Teil des Vermögens in eine zu gründende Stiftung eingebracht wird. Wichtig bei diesen Gestaltungen ist stets, dass nicht allein die Reduzierung betrieblicher Risiken und die Vermögenssicherung gesehen werden, sondern dass mit diesen Maßnahmen zugleich Führungsstrukturen gestärkt und Anreize für bürgerschaftliches Engagement geschaffen oder verstärkt werden. Hierfür sind Stiftungen besonders geeignet.
Bei einer entsprechenden rechtzeitigen Vorsorge kann ein notleidend werdender ausgegründeter Betrieb über einen Notlagentarifvertrag oder auch ein Insolvenzplanverfahren saniert werden.
6. Inanspruchnahme professioneller Beratung
Die Stärkung wie Absicherung der Wettbewerbsfähigkeit in den vorbezeichneten Zusammenhängen setzt einschlägige Kenntnisse der davon tangierten Rechtsgebiete voraus. Dabei handelt es sich um die Gebiete des Vereins- und Stiftungsrechtes ebenso wie des Gesellschafts-, Steuer- und Betriebsverfassungsrechtes sowie der sozialgesetzlichen Grundlagen des jeweiligen Betätigungsfeldes.
Bei Bedarf stehe ich Ihnen für ein Beratungsgespäch gerne zur Verfügung.